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Fachtagung Regensburg 2018:
Mit Leib und Seele teilhaben – Impulse für eine leibbasierte Pädagogik

Die leibbasierte Pädagogik stellt den Menschen mit dem, wie er sich selbst wahrnimmt, mit seinen Mitmenschen und seiner Umwelt ins Zentrum und nimmt ihn vorbehaltlos an.

Leibbasierte Lernprozesse eröffnen ein neues Miteinander. Sie sind Quelle für Kommunikation, Wohbefinden und „Ganz-Sein“. In der Arbeit mit Menschen, die nicht spre- chen können, denen die Worte fehlen, die den Worten nicht mehr vertrauen können oder deren kognitive Fähig- keiten nachlassen, bleibt der Körper als Möglichkeit des Seins. Ein Verstehen auf ganz leiblich- körperlicher Ebene öffnet Türen und neue Perspektiven.

Der bekannte Heilpädagoge Winfried Mall stellte in einem Vortrag und praktischem Workshop die von ihm entwickelten Grundlagen der „Basalen Kommunikation“ vor – einer „Kommunikation ohne Voraussetzungen mit Menschen mit schwersten Beeinträchtigungen“.

In acht weiteren Workshops veranschaulichten verschiede- ne Expert*innen Aspekte der leibbasierten Pädagogik und laden zu eigenem Erleben, Austausch und Diskussion ein. Teilhabe gelingt, wenn das Selbst hier als Ressource erlebt, über den Leib interagiert und kommuniziert wird, denn: Der Leib drückt aus, der Leib nimmt wahr, der Leib ist. Eine Dokumentation der Tagung wird gerade erstellt. 

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Fachtag Schönbrunn 2017:
In Beziehung gehen – Pädagogische Beziehungen in der Heilpädagogik

Bei jeder pädagogischen Vorgehensweise ist die Art der Beziehung wichtig. Der Fachtag 2017 der Fachakademie für Heilpädagogik im Franziskuswerk Schönbrunn widmete sich diesem Thema. 150 Heilpädagogen, Erzieher, Heilerziehungspfleger und Lehrer waren nach Gut Häusern gekommen, um sich mit den vielfältigen Aspekten pädagogischer Beziehungen zu beschäftigen.

Die berufliche Mitmenschlichkeit bestimmt das pädagogische Verhältnis

Der Fachtag begann mit einer Einführung und einem Referat von Prof. Dr. Petr Ondracek. Er erinnerte zunächst, dass sich pädagogische Bezie- hungen nach dem Menschenbild von Professionellen gestalten. Voraussetzung sei immer die innere Stabilität des heilpädagogisch Tätigen, die als „äußerer Halt“ dem zu unterstützenden Menschen zur Herausbildung seines „inneren Haltes“ verhilft. Prof. Dr. Ondracek beschrieb personzentrierte Arbeitsweisen und Selbstwert- sowie Ermutigungskonzepte als Grundlage der Arbeit mit Menschen in Beeinträchtigungslagen. 

Die Qualität pädagogischer Beziehungen fördert Anerkennung, Ermutigung, aber auch Verletzung

Die Heilpädagogik versteht sich als „Beziehungsdisziplin“, die mitmenschliches Auftreten als Vorgehensweise nutzt. Beziehungsqualitäten können das Vertrauen zum Gegenüber, Zutrauen in seine Fähigkeiten, Geduld, Hoffnung sowie Heiterkeit, Humor und Güte darstellen. Das Gegenteil dazu wäre, wenn z.B. der Einsatz der Beziehung als Mittel zur Zielerreichung, oder wenn sie an Bedingungen geknüpft wird.

Schulleiter Michael Kreisel resümierte: Die Beziehungsebene ist oftmals bedeutend für den Lernerfolg, d.h. es sind die Beziehungskompetenzen des Professionellen und die Bezie- hungsdidaktik des Pädagogen, die ein mehr an Teilhabe für Menschen ermöglichen können.

Ort der Begegnung zu vielen Themen

Innerhalb von vielen „Orten der Begegnung“ beschäftigten sich die Teilnehmer danach mit dem Thema. Es ging um die Wirkung von entwicklungsfreundlicher Beziehung an sich. Des weiteren wurden die Förderung von korrigierenden Beziehungserfahrungen, die Beach- tung kultursensibler Beziehungsgestaltungen und die Unterstützung bei erlebten Bezie- hungsabbrüchen dargestellt. Die Teilnehmer erfuhren, wie Sicherheit vor sexuellen Über- griffen in pädagogischen Beziehungen gelingen oder wie das Bilderbuch als Möglichkeit der Beziehungsstiftung bei Kindern genutzt werden kann. Sie konnte sich in kreativen Angeboten und der persönlichen Zukunftsplanung ausprobieren. Weitere Angebote thematisieren professionellen Beziehungen im Team und die Auswirkungen von Fach- kräftemangel auf das Beziehungsgeschehen. Dann gab es noch ein Begegnungscafe: Denn auch Professionelle müssen sich durch zwischenmenschliche Beziehungen stärken.

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Fachtag Rummelsberg 2015:
Flucht und Traumatisierung – Eine Aufgabe der Heilpädagogik

Bild_Fr._Braeutigam_StephanieDie Umstände der Flüchtlingsarbeit sind schwierig. Beim Fachtag „Flucht und Traumatisierung“ in der Fachakademie für Heilpädagogik Rummelsberg haben rund 140 Teilnehmer über Fragen rund um die derzeitige Situation der Flüchtlinge diskutiert. Eins der Kernthemen war, ob man reine Gruppen unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge (UMF) bilden soll oder und Gruppen, in denen sie mit Jugendlichen der stationären Jugendhilfe gemischt sind. Von letzterer Lösung verspricht man sich, die UMF schneller integrieren zu können.

„Viele Hintergründe sind uns nicht im Bewusstsein“, sagte Professorin Dr. Barbara Bräutigam von der Hochschule Neubrandenburg in ihrem Vortrag. „Vor allem, dass die Flüchtenden zu großen Teilen aus funktionierenden Familien kamen und häufig einen hohen Bildungsstand und eine hohe Motivation der Integration haben.“ Im Beitrag der Referentin ging es um Ideen zum Umgang mit UMF. Dabei sensibilisierte sie die Zuhörer zunächst für die Ausgangslage in den Herkunftsländern, berichtete von den Fluchtrouten und der Zeit der Flucht und sprach schließlich über die Folgen und mögliche Traumata.

Schulleiterin Stephanie Bäsmann forderte in diesem Zusammenhang: „Keine Traumatherapie ohne Traumapädagogik.“ Weitere Themen des Fachtags waren die Begleitung von UMF in der Schule, die tägliche Arbeit eines Asylsozialarbeiters, die Arbeit in einer heilpädagogischen Wohngruppe und die Lebensbedingungen von Flüchtenden in Bayern. Alle Referenten sind sich darüber einig, dass die Umstände der Flüchtlingsarbeit oft problematisch sind – egal ob es um die Kostenübernahme einer Vorsorgeuntersuchung beim Frauenarzt geht oder um die sich häufig ändernden politischen Rahmenbedingungen.


Symposium Regensburg 2015:
Glücklich bis ans Lebensende – Gelingend Beziehung gestaltenRegensburg

„Glücklich sein“ – wer möchte das nicht? Und dann auch noch „bis ans Lebensende“. Krankheit, Alter oder Behinderung können die Realisation dieser Wunschvorstellung im Alltag beeinträchtigen oder massiv behindern. Doch wie kann „Glücklichsein“ trotzdem Teil des Lebens sein und bleiben?

Das wissenschaftliche und zugleich praxisnahe Symposium widmete sich dieser Frage unter dem Aspekt der Beziehung. Vielmehr als um die Partnerschaft ging es dabei um die Beziehung zu sich selbst, zum sozialen Umfeld, zu den Dingen und zu den professionellen Diensten: Sozial- und Heilpädagogik, Altenpflege und Seelsorge, Musik- und Bewegungspädagogik. Sie alle rücken mit ihren unterschiedlichen Ansätzen Beziehungsgestaltung in den Mittelpunkt und leisten selbst Unterstützung durch Beziehungsarbeit.

Die Lebenserwartung steigt – auch die von Menschen mit Beeinträchtigung. Immer mehr Menschen sind von Demenz, Vereinsamung oder Isolation betroffen. Die gewaltige Verschiebung in der Altersstruktur der Bevölkerung erfasst auch Menschen mit Behinderung und Migrationshintergrund und stellt die Gesellschaft vor große Herausforderungen. Das Menschliche im Menschen sowie seine Bedürfnisse und Sehnsüchte (nach Beziehung) dürfen dabei nicht außer Acht gelassen werden. In Fachvorträgen und Workshops wurden wichtige Impulse gesetzt und „best practice“ vorgestellt, erprobt oder diskutiert. Dabei spannte sich der Themenbogen u. a. von älteren Menschen mit Behinderung über Humor als Lebenselixier, Demenz, Hospiz und Spiritualität zu rechtlichen Fragen und methodischen Ansätzen wie Selbsterhaltungstherapie und Musik, damit „glücklich bis ans Lebensende“ keine Utopie bleiben muss.

Veranstaltet wurde das Symposium am 13. März 2015 von der Fakultät Angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) und der Fachakademie für Heilpädagogik der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e. V.


Fachtag Schönbrunn 2015:
Leib und Bewegung- Fundament für Ich- Identität und Lernen

Logo 2 Fachtag 2015Es ging diesmal um Wege, wie Leib und Bewegung die Identität des Menschen beeinflussen können. In Workshops zu den Themen Yoga, Tanz, Bewegungserziehung, Körper- und Beziehungserleben, Rhythmus und Erlebnispädagogik erfuhren die Teilnehmer/innen sich selbst in ihrer Leiblichkeit. Es gab ferner einen Workshop zur leiblichen Kommunikationen und zur Bewegungsunterstützten Kommunikation als Anregung zu aktiver Teilhabe.

Basis für die Heilpädagogik ist, dass der Leib die Grundlage für alle menschlichen Lebensprozesse, d.h. auch für die emotionalen und geistig-seelischen darstellt. Mit dem Leib nimmt der Mensch wahr und lässt Gefühle, Gedanken und Verhalten entstehen. Mit dem Leib lernen Menschen. Hier wird Stigmatisierung, Nicht-Können, Krankheit und Exklusion erfahren. Hier ist aber auch der Ort für die Erfahrung von Selbstbestimmung, für das Spüren von Stärken, Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten.
Die Zugänge zu Leib und Bewegung sind in der Heilpädagogik vielfältig. Man kann sich de
m Leib auf der Ebene der eigenen Leiberfahrung, der Bewegungslehre, der Psychologie/ Psychotherapie, der Soziologie oder der Medizin nähern. Der Fachtag zeigte: Aus heilpädagogischer Sicht müssen Professionelle über ein vertieftes Verständnis zum Leib verfügen, damit sie Menschen
im Umgang mit Behinderungszuständen gut unterstützen können. Mit dem Leib stellen sich Fragen von Sinnfindung, Existenz und Endlichkeit. Mit dem Leib wird auch die Lebensgeschichte eines jeden Menschen deutlich. Erlebn
isse stecken uns „in Fleisch und Blut“. Das Gedächtnis des Körpers birgt die eigene Geschichte. Über den Körper erinnern wir uns. Man kann sagen, dass der „beseelte Körper“ wichtiger Ausgang heilpädagogisch
en Handelns ist.

Der Fachtag begann mit einem Einführungsreferat. Prof. Dr. Markus Dederich (Uni
versität zu Köln) fragte, ob Menschen in erster Linie gleich oder verschieden seien
. Viel zu oft würde Verschiedenheit als Möglichkeit genutzt, Menschen negative Merkmale zuzuschreiben. Dies geschehe vor allen anhand körperlicher Merkmale: Der „behinderte Körper“ wird dann zu einem negativen Stigma. Die ‚Soziologie des Körpers‘ beschäftigt sich damit, wie gesellschaftliche Werte, Strukturen und Technologien den menschlichen Körper prägen. Prof. Dr. Markus Dederich trat dafür ein, dass die Heilpädagogik von der Körpersoziologie lernen solle, dass Menschen nicht nur „naturwüchsig“ verschieden seien. Der physische Körper eines Menschen wird im Laufe seines Lebens sozial und kulturell geprägt. Dies sowohl auf der individuellen, als auch auf der gesellschaftlichen bzw. kulturellen Ebene. Verschiedenheit ergäbe sich auch durch die Gesellschaft und ihre Sichtweisen zum Körper. Eindrücklich zeigte er anhand von Bildern zu Behinderung im Wandel der Zeit, wie das Bild eines „behinderten Körpers“ quasi „gesellschaftlich hergestellt“ wird. Abweichende biologische Merkmale wurden mit gezielten negativen Bewertungen gleichgesetzt. Anhand des Bildes vom behinderten Körper lasse sich herausarbeiten, was in einer Gesellschaft wichtig sei, was zähle, welche Werte vorherrschen und wovor sich Menschen fürchten.

In einem zweiten Vortrag ging Prof. Dr. Rolf Schwarz (Pädagogische Hochschule Karlsruhe) nach der Mittagspause auf die kindliche Bewegungsentwicklung ein. Bewegung schaffe Zugang zur Welt. Kinder müssten sich ihre Erfahrungen von sich und der Umwelt regelrecht „einverleiben“. So hänge die Ich- Entwicklung eines Kindes grundlegend mit eigenkörperlichen Erfahrungen zusammen. Jeder Vater und vor allem jede Mutter kennt die „Erkundungstouren“ ihrer Kinder, die im Krabbelalter z. B. für fast jeden Haushaltsgegenstand „besondere Vorlieben“ entwickeln, durch Schmecken, Fühlen, Beißen, Werfen etc. die Welt be-greifen müssen. Bewegungserfahrungen sind wichtig für das Selbstvertrauen, für die kindliche Identität. Der Körper sei eines der ersten und wichtigsten Experimentiergebiete für die Ich- Identität. Prof. Dr. Schwarz stellt diese Entwicklungsschritte sehr anschaulich dar. Auch die Zuhörenden wurden durch Experimente eingebunden.

Der Fachtag lenkte die Aufmerksamkeit auf ein Thema, was manchmal im Alltag untergeht und viel zu wenig „mitgedacht“ wird: Wir kennen es von uns selbst: Obwohl der Leib wesentlicher Teil unserer Identität ist, vergessen wir ihn allzu oft. Unserer Körperlichkeit erinnern wir uns oftmals erst dann, wenn Bereiche schmerzen oder nicht so funktionieren, wie wir es wollen. Vor allem Menschen mit Beeinträchtigungen oder Behinderungen haben oftmals keinen positiven Zugang zum eigenen Körper. Ihre Körpererfahrungen können durch Sensibilitätsausfälle, Funktionsstörungen, Schmerzen, Krankheit beeinträchtigt sein. Auch veränderte motorische Erfahrungen können das eigene Körperbild negativ beeinflussen. Menschen mit Beeinträchtigungen können ihren Leib als Ressource, aber auch als „unerwünschte Normabweichung“ erleben. In der Heilpädagogik ist es wichtig, Unterstützung anzubieten und Abweichungen nicht als „Defekt“ zu interpretieren. Den oftmals negativen Körpererfahrungen von Menschen mit Behinderung müssen bewusste positive Leiberfahrungen gegenüber gestellt werden. Für die Stärkung der Identität gilt es Menschen zu unterstützen ihre leibliche Existenz als wertvoll und gewollt zu erleben. Hierfür sollten unterschiedliche Wege eigenleibliches Spüren angeboten werden, damit sich Einstellungen und Umgangsweisen zum eigenen Körper positiv auf die Identität auswirken.


Fachtag Schönbrunn 2014:

Inklusion als Herausforderung für die frühe Bildung

Graphik Fachtag 2014Schulleiter Michael Kreisel freute sich über 180 Fachleute und Interessierte, die zum Fachtag 2014 der Fachakademie für Heilpädagogik nach Gut Häusern gekommen waren. Gute Bildung, Erziehung und Betreuung für Kinder orientiert sich heute an dem Leitbild „Inklusion“. Inklusion meint „Einschluss“ bzw. „Enthalten sein in einer Menge“. Man spricht von inklusiver Pädagogik, der Aufhebung von institutioneller Separation und möchte Ideale des gemeinsamen Lebens und Lernens umsetzen. Der Fachtag beschäftigte sich mit der Umsetzbarkeit und Praxis dieses Leitbildes.

Zunächst führte Prof. Dr. Ulrich Heimlich (LMU München) aus, dass Fachkräfte im Kontext inklusiver Frühpädagogik nicht nur mit neuen und erweiterten Anforderungen an ihre Fachkompetenzen konfrontiert sind, sondern auch vor der Herausforderung der Weiterentwicklung ihrer personalen und sozialen Kompetenzen stehen. Momentan – aber auch für die Zukunft – sei es eine große Aufgabe eine inklusive Frühpädagogik als Handlungskompetenz vor Ort bei den Fachkräften zu fördern. Das Gelingen dieser Herausforderung würde auch über das Gelingen der Umsetzung von Inklusion in den Kindertageseinrichtungen entscheiden. Prof. Dr. Heimlich beschrieb Konzeptionen inklusiver Frühpädagogik und stellte die inklusive Kindertageseinrichtung als „ökologisches Entwicklungsmodell“ vor. Die Ebene der Kinder, deren Spiel- und Lernbedürfnisse, die Teamkooperation, die Einrichtungskonzeption und auch die der externen Unterstützungssysteme sind für die inklusive Qualität von Kindertageseinrichtungen zu beachten. Folglich sei auch die Weiterentwicklung der Organisationen und der regionalen Vernetzung wichtig.

„Vor allem ist es wichtig, dass ein Klima herrscht, dass jedes Kind so angenommen wird, wie es ist“. Alexandra Pfenning- Högger und Sabine Remmele hatten einen kurzen Film zum Thema „Wünsche von Eltern an die inklusive Bildungseinrichtung“ erstellt und innerhalb des Fachtages gezeigt. Beide sind erfahrene Erzieherinnen und absolvieren zurzeit an der Fachakademie Heilpädagogik eine nebenberufliche Ausbildung zur Heilpädagogin. Sie berichteten von positiven Beispielen heilpädagogischer Einrichtungen, innerhalb dessen Kinder mit Behinderung entsprechend ihrer Fähigkeiten gefördert werden und innerhalb dessen Inklusion gelebt wird.

Gertraud Martin, Bereichsleiterin des Franziskuswerks plädierte dafür, dass Lernangebote auf die Bedürfnisse und Chancen der Kinder zugeschnitten werden sollten und nicht umgekehrt. Eine Annäherung an die individuellen Erfordernisse eines Kindes habe das Bayerische Kinderbildungs- und -betreungsgesetz schon gemacht, aber eben nur eine Annäherung. Alles, was mehr an Qualität und Zuwendungsintensität geschehe, sei Trägersache. In den letzten beiden Jahren lasse die Nachfrage nach homogenen, heilpädagogischen Einrichtungen deutlich nach. Die Nachfrage nach Kitaplätzen für behinderte Kinder steige demgegenüber an und die Ausprägungen der Behinderungen bei angefragten Kindern würden stärker sowie vielfältiger. Der Übergang Kindergarten/ Schule muss vor allem für Kinder mit Behinderung und deren Eltern deutlich verbessert werden. Frau Wünsch gab als Elternvertreterin einen eindrücklichen Einblick in die Situation eines Kindes mit Behinderung in seinem Lebensumfeld. Auch wenn ein Kind integrativ/ inklusiv in einer vorschulischen Einrichtung gefördert würde, beständen im schulischen Bereich weiterhin zu wenig Möglichkeiten der Inklusion, was sich im Einzelfall für die Betroffenen als sehr herausfordernd gestalten würde.

In 12 Denkräumen gaben Fachleute einen Input zum Thema. Jeweils zwei Studierende moderierten und protokolierten die Diskussion der Anwesenden. So wurden die Denkräume Orte des gegenseitigen Austausches, des Innehaltens und Reflektierens. Durch die gemeinsame Beschäftigung zu Bildern einer inklusiven frühen Bildung konnte der Blick über den Tellerrand des Alltagsgeschäfts gerichtet und gegenseitiger Austausch sowie neue Anregungen ermöglicht werden. Nach der Mittagspause gab Dr. Monika Wertfein (Staatsinstitut für Frühpädagogik) einen Einblick in aktuelle wissenschaftliche Diskussionen zur inklusiven (Alltags-)Qualität in Kinderkrippen. Jedes Kind benötigt grundsätzlich Sicherheit, Zutrauen und Unterstützung, aber jedes Kind ist auch „anders“. Obwohl Krippen vor „inklusiven Herausforderungen“ stehen und erhöhter Betreuungsaufwand entsteht, würde noch zu wenig mit strukturellen Anpassungen reagiert. Dr. Monika Wertfein sensibilisierte für die „Ressource des pädagogischen Teams“, zeigte Stärken von Kinderkrippen auf und wies am Beispiel der „Alltagssituation Mahlzeiten“ auf Gelegenheiten für soziale Teilhabe und gemeinsame Bildung für alle Kinder hin.

Resümee: Ein ganzheitlicher Bildungsbegriff ist Grundlage für die Unterstützung von Teilhabe und Inklusion. In den Kindertagesstätten sollten verstärkt inklusive Lernsituationen geschaffen und unterstützt werden. Gemeinsames Aufwachsen stellt für alle Beteiligten eine Chance dar. Fachkräfte sind daher gefordert die Kommunikation unter Gleichaltrigen zu einem pädagogischen Thema zu machen und ungünstigen Prozessen entgegen zu wirken. Kinder sollten für Benachteiligung sensibilisiert und in ihrer Selbstbestimmung unterstützt werden. Inklusive Pädagogik ist immer beziehungsorientiert. Die Anwesenden waren sich einig, dass es mehr dauerhafte Heilpädagogik in der frühen Bildung geben müsste, damit allen Kindern die Möglichkeit der Teilhabe gegeben ist. Auch sollte die Beratungskompetenz von Heilpädagog/innen stärker genutzt werden. Ein möglicher Weg könnte sein, dass die Zuwendung von Mitteln nicht nur auf den Einzelfall bezogen, sondern auch auf die Institution orientiert geschieht.

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